Objekte des Monats: Der Kleine Hantelnebel Messier 76

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Mes­sier 76 (NGC 650/651) ist ein pla­ne­ta­ri­scher Nebel, im nörd­li­chen Stern­bild Per­seus. Er wur­de am 5. Sep­tem­ber 1780 von dem fran­zö­si­schen Astro­no­men Pierre Méchain ent­deckt und als schwa­cher und klei­ner Nebel ohne Ster­ne beschrie­ben. Méchain mel­de­te sei­ne Ent­de­ckung an sei­nen Freund Charles Mes­sier. Die­ser beob­ach­te­te den Nebel am 21. Okto­ber 1780 und beschrieb ihn im Gegen­zug als Objekt aus sehr klei­nen Ster­nen, der von Nebel umge­ben war. Er bestimm­te des­sen Posi­ti­on und nahm den Nebel schließ­lich als 76. Objekt in sei­nen Kata­log der kome­ten­ähn­li­chen Objek­te auf. Der pla­ne­ta­ri­sche Nebel besitzt zwei NGC-Num­mern, da man frü­her davon aus­ging, dass es sich hier­bei um zwei Nebel­tei­le han­delt, die sich gegen­sei­tig berüh­ren. Des­halb hat der deutsch-bri­ti­sche Astro­nom Wil­helm Her­schel, nach sei­ner Beob­ach­tung von M 76 am 12. Novem­ber 1787, die zwei­te Kom­po­nen­te eine eigen­stän­di­ge Num­mer in sei­nem Kata­log gege­ben. Er beschrieb ihn in sei­nen Auf­zeich­nun­gen auch als „zwei dicht bei­ein­an­der lie­gen­de Nebel“. Der iri­sche Astro­nom Lord Ros­se sah in M 76 sogar eine Spi­ral­struk­tur. Der eng­li­sche Ama­teur­as­tro­nom und Pio­nier der Spek­tro­sko­pie, Wil­liam Hug­gins, ent­deck­te 1866, dass das Spek­trum des Nebels gas­för­mig war und ver­mu­te­te ein schwa­ches kon­ti­nu­ier­lich Spek­trum. Der wali­si­sche Astro­nom und Astro­fo­to­graf Isaac Roberts ver­glich M 76 im Jahr 1891 mit dem Ring­ne­bel Mes­sier 57 im Stern­bild der Lei­er, den wir nur von der Sei­te sehen. Roberts war es auch, der M 76 als ein­zel­nen Nebel erkann­te. Erst 1918 wur­de M 76 von dem ame­ri­ka­ni­schen Astro­no­men Heber D. Cur­tis zum ers­ten Mal kor­rekt als pla­ne­ta­ri­scher Nebel klas­si­fi­ziert. Auf­grund sei­nes äuße­ren Erschei­nungs­bil­des wird M 76 auch als „Klei­ner Han­tel­ne­bel“ (Litt­le Dumb­bell Nebu­la) bezeich­net. Wei­te­re, eher weni­ger bekann­te Namen sind „Cork Nebu­la“, „But­ter­fly Nebu­la“ bzw. „Bar­bell Nebu­la“. Mes­sier 76 ist einer von nur vier pla­ne­ta­ri­schen Nebeln, die in Mes­siers berühm­ten Kata­log auf­ge­führt sind.

Planetarischer Nebel mit bipolarer Struktur

Die gerin­ge Aus­deh­nung und die Licht­schwä­che von M 76 machen ihn zu einem eher schwie­rig zu beob­ach­ten­den Objek­te, im Ver­gleich zu ande­ren Mes­sier-Objek­ten. Mit einer schein­ba­ren Hel­lig­keit von 10,1 mag, soll­te er aber schon in klei­ne­ren bis mitt­le­ren Tele­sko­pen erkenn­bar sein. In klei­nen Tele­sko­pen besitzt Mes­sier 76 Ähn­lich­kei­ten mit dem berühm­ten und mehr als dop­pelt so gro­ßen Han­tel­ne­bel (Mes­sier 27) im Stern­bild Vul­pe­cu­la. Der Nebel besitzt eine Win­kel­aus­deh­nung von 2,7 x 1,8 Bogen­mi­nu­ten, was auf die Ent­fer­nung von knapp 2.550 Licht­jah­ren gerech­net, eine wah­re Aus­deh­nung von unge­fähr 2,5 Licht­jah­ren ent­spricht. Lan­ge Zeit war sei­ne Ent­fer­nung zur Erde nur unzu­rei­chend bekannt und schwank­te zwi­schen 1.700 und 15.000 Licht­jah­ren. In einer Stu­die des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops wird sei­ne Ent­fer­nung noch mit 3.900 Licht­jah­ren angegeben.

Messier 76
Mes­sier 76 im Stern­bild Per­seus – Auf­nah­me von Micha­el Brei­te, Ste­fan Heutz & Wolf­gang Ries, Quel­le: CCD-Gui­de, Astro­no­mi­scher Arbeits­kreis Salzkammergut

Die expan­die­ren­de Hül­le des klei­nen Han­tel­ne­bels ist das Ergeb­nis eines ster­ben­den, son­nen­ähn­li­chen Sterns, der sei­nen „Treib­stoff“ bereits auf­ge­braucht und in einem spä­te­ren Sta­di­um sei­ne äuße­ren Schich­ten abge­sto­ßen hat. Mes­sier 76 zeigt auf Fotos eine bipo­la­re Form. Der inne­re Bereich des Nebels wird als „Kor­ken“ bezeich­net und besitzt eine schein­ba­re Aus­deh­nung von 1,45 x 0,7 Bogen­mi­nu­ten oder knapp 1,2 Licht­jah­re. In Wahr­heit bli­cken wir hier auf den Torus des ellip­ti­schen Nebel­rings. Die­ser ist 75° gegen unse­re Sicht­li­nie geneigt. Wir sehen den Ring dem­zu­fol­ge von der Kan­te. Die­ser dehnt sich mit 42 Kilo­me­ter pro Sekun­de in den Welt­raum aus. Ent­lang der Ach­se und senk­recht zum Ring, dehnt sich das Gas aller­dings mit einer Geschwin­dig­keit von 60 km/s aus und bil­det dabei die typi­schen bipo­la­ren halb­kreis­för­mi­gen Bögen: die „Flü­gel“ des Schmet­ter­lings. Die­se Gas­bla­sen wur­den vom Zen­tral­stern aus des­sen Polar­re­gio­nen aus­ge­sto­ßen. Die nord­öst­li­che Bla­se (NGC 651) zeigt dabei in unse­re Richtung.

Mes­sier 76 in einer Auf­nah­me des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops – Cre­dit: NASA, ESA, R. Wade (Penn­syl­va­nia Sta­te Uni­ver­si­ty), and H. Bond (Space Telescope Sci­ence Insti­tu­te), Quel­le

Auf lang belich­te­ten Auf­nah­men erscheint außer­dem noch ein Halo aus Mate­rie, den der Zen­tral­stern durch einen mas­si­ven und küh­len Ster­nen­wind in sei­ner Rote-Rie­sen-Pha­se, mit 5 bis 20 km/s, aus­ge­sto­ßen hat. Die­ser besitzt eine Aus­deh­nung von 4,8 Bogen­mi­nu­ten oder knapp 4 Licht­jah­re. Der hei­ße und 15,9 mag hel­le Zen­tral­stern (HD10346), der durch sei­ne inten­si­ve UV-Strah­lung die Nebel­hül­le zum Leuch­ten anregt, ist aller­dings nur auf lang belich­te­ten Auf­nah­men erkenn­bar. Er besitzt eine Ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur von 140.000 Kel­vin und eine Mas­se von 0,6 bis 0,9 Son­nen­mas­sen. Damit gehört er zu den hei­ßes­ten bekann­ten Ster­nen. Ande­re Quel­len geben für die Tem­pe­ra­tur 60.000 Kel­vin an. Auf Fotos taucht 1,4 Bogen­se­kun­den süd­lich des Zen­tral­sterns ein wei­te­rer Stern auf. Die­ser ist auf­grund von Auf­nah­men des Hub­ble-Welt­raum­te­le­skops aller­dings zwi­schen 16.000 und 20.000 Licht­jah­re von der Erde ent­fernt und dem­zu­fol­ge kein ech­ter Beglei­ter des Zen­tral­sterns. Bei­de Ster­ne bil­den ein so genann­tes opti­sches Doppelsternsystem.

Beobachtung

Mes­sier 76 ist selbst bei opti­ma­len Bedin­gun­gen ein schwie­ri­ges Objekt im 10x50 Feld­ste­cher. Im 16x70 Fuji­non erscheint M 76 als klei­ner, dif­fu­ser Licht­schlei­er, west­lich eines 7 mag hel­len Sterns. Klei­ne Tele­sko­pe von 3 Zoll Öff­nung und 50-facher Ver­grö­ße­rung zei­gen eben­falls nur einen ova­len bis recht­ecki­gen, aber über­ra­schend hel­len Schim­mer, mit hel­le­ren Spit­zen. Im 4 bis 5‑Zöller hebt sich der Nebel gut vom ster­nen­rei­chen Hin­ter­grund ab. Der inne­re Bereich erscheint deut­lich läng­lich, mit einem deut­lich abge­grenz­ten Rand und ist in nord­öst­li­cher bis süd­west­li­cher Rich­tung ori­en­tiert. Das west­li­che Ende des Bal­kens ist der hells­te Teil. In grö­ße­ren Tele­sko­pen von 6 bis 8 Zoll Öff­nung erscheint der inne­re Bereich deut­lich recht­eckig, mit einer Art dunk­ler Ein­schnü­rung in der Mit­te. Der süd­west­li­che Bereich erscheint hel­ler und deut­lich defi­nier­ter als der nord­öst­li­che. Die äuße­ren und unter­schied­lich hel­len Scha­len sind hier nur andeu­tungs­wei­se zu sehen und lau­fen dif­fus in den Hin­ter­grund über. Am bes­ten greift man zu einem schmal­ban­di­gen Fil­ter vom Typ O‑III bzw. UHC, um die­se Details bes­ser wahr­zu­neh­men. Mit 10 bis 12 Zoll Öff­nung tritt die Han­tel­form deut­li­cher her­vor. Die Rän­der erschei­nen auf­ge­hellt. Die bei­den Scha­len erschei­nen etwa gleich hell und mit schwa­chem Nebel gefüllt.

Aufsuchkarte
Auf­such­kar­te für Mes­sier 76 – erstellt mit SkytechX

Der klei­ne Han­tel­ne­bel ist ein typi­sches Objekt für den Herbst- und Win­ter­him­mel und kann im öst­li­chen Teil des Stern­bilds Per­seus, nahe an der Gren­ze zur Andro­me­da und Kas­sio­peia, auf­ge­fun­den wer­den. Um ihn auf­zu­su­chen, gehen wir vom 3,5 mag hel­len Stern 51 Andro­me­dae aus. Nun schwen­ken wir 2° in Rich­tung Nord­os­ten, zum 4 mag hel­len ver­än­der­li­chen Sterns Alseiph (Phi Pers­ei). Knapp 1° in Rich­tung Nor­den kommt ein 7 mag hel­ler Stern ins Gesichts­feld. Mes­sier 76 befin­det sich nur 12,5 Bogen­mi­nu­ten nord­west­lich die­ses Sterns.

Auf­such­kar­te Klei­ner Han­tel­ne­bel (Mes­sier 76) (181,3 KiB, 201 hits)

Steckbrief für Messier 76

Objekt­na­meMes­sier 76
Kata­log­be­zeich­nungNGC 650, NGC 651, NGC 650–51, PK 130–10.1, PN G130.9–10.5, IRAS 01391+5119, ARO 2 
Eigen­na­meKlei­ner Han­tel­ne­bel, Litt­le Dumb­bell Nebu­la, Cork Nebu­la, But­ter­fly Nebu­la, Bar­bell Nebula
TypPla­ne­ta­ri­scher Nebel, PN 3(6)
Stern­bildPer­seus (Per­seus)
Rekt­aszen­si­on (J2000.0)01h 42m 18,1s
Dekli­na­ti­on (J2000.0)+51° 34′ 17″
V Hel­lig­keit10,1 mag
Flä­chen­hel­lig­keit6,2 mag
Win­kel­aus­deh­nung2,7′ x 1,8′
Hel­lig­keit Zentralstern15,9 mag
Expan­si­ons­ge­schwin­dig­keit38,5 km/s
Durch­mes­ser4 Licht­jah­re
Ent­fer­nung2.550 Licht­jah­re
Beschrei­bungCS=17.0, Litt­le Dumb­bell (SW); vB,f of Dneb; Litt­le Dumb­bell or Cork Nebula;faintest M obj;H I 193
Ent­de­ckerPierre Méchain, 1780
Stern­at­lan­tenCam­bridge Star Atlas: Chart 2
Inter­stel­larum Deep Sky Atlas: Chart 15, 26, 27
Mill­en­ni­um Star Atlas: Charts 63–64 (Vol I)
Pocket Sky Atlas: Chart 2
Sky Atlas 2000: Chart 4
Urano­me­tria 2nd Ed.: Chart 29

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

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