Komet C/2009 P1 Garradd – Heller Komet für ein ganzes Jahr

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Nach einer lan­gen Durst­stre­cke in der ers­ten Jah­res­hälf­te wird es für Kome­ten­be­ob­ach­ter end­lich wie­der span­nend: Komet C/2009 P1 Gar­radd erreicht gegen Ende 2011 sein Peri­hel und wird von Mit­te 2011 bis Mit­te 2012 hel­ler als 10. Grö­ßen­klas­se sein und für vie­le Mona­te hoch an unse­rem Nacht­him­mel ste­hen. Das Bes­te ist aber, dass er im Febru­ar 2012 sogar die 6. Grö­ßen­klas­se errei­chen könn­te vor­aus­ge­setzt, der Schweif­stern hält sei­ne Hel­lig­keits­ent­wick­lung bei. Auch bei weni­ger opti­mis­ti­schen Pro­gno­sen ist Gar­radd schon sehr ein­fach in Fern­glä­sern und klei­nen Tele­sko­pen beob­acht­bar. Unter einem dunk­len Him­mel könn­te visu­ell sogar ein bis zu meh­re­re Grad lan­ger Schweif sicht­bar sein.
Bis Okto­ber 2011 durch­läuft der Komet meh­re­re Som­mer­stern­bil­der und ver­schwin­det dann für eini­ge Zeit von unse­rem Him­mel. Ab Janu­ar 2012 zieht er schnell wei­ter in Rich­tung Nor­den und wird zu sei­ner bes­ten Beob­ach­tungs­zeit, im Win­ter und Früh­jahr 2012, schließ­lich zirkumpolar. 

Schein­ba­re Bahn von C/2009 P1 Gar­radd im Sicht­bar­keits­zeit­raum von Anfang Juni 2011 bis Ende Juni 2012

Entdeckung und Bahnverlauf

Der lang­pe­ri­odi­sche Komet C/2009 P1 Gar­radd wur­de am 13. August 2009 im Zuge einer auto­ma­ti­schen Him­mels­über­wa­chung am Siding-Spring-Obser­va­to­ri­um in Aus­tra­li­en von G. J. Gar­radd im süd­li­chen Stern­bild Phoe­nix ent­deckt. Zum Ent­de­ckungs­zeit­punkt befand sich der Komet mit unge­fähr 9 AE in gro­ßer Ent­fer­nung zur Son­ne und zeig­te schon eine 15″ gro­ße Koma ohne Schweif. Ver­gleichs­wei­se haben wir hier zur zur Abwechs­lung mal einen gro­ßen Kome­ten­kern vor uns, der aber die Son­ne in einem rela­tiv gro­ßen Abstand pas­sie­ren und lei­der kei­ne spek­ta­ku­lä­re Sicht­bar­keit ent­wi­ckeln wird. Der Komet wird dann am 23. Dezem­ber 2012 in einer Ent­fer­nung von 1,55 AE bzw. 232 Mio. Kilo­me­ter zur Son­ne sein Peri­hel durch­lau­fen und im 1. Quar­tal 2012 hel­ler als 7 mag wer­den. Eini­ge Wochen bevor er den erd­nächs­ten Punkt sei­ner Bahn pas­siert, könn­te er sogar die 6. Grö­ßen­klas­se über­schrei­ten. Aller­dings sind Kome­ten­hel­lig­kei­ten immer mit Unsi­cher­hei­ten behaf­tet, so dass sei­ne maxi­ma­le Hel­lig­keit auch deut­lich gerin­ger aus­fal­len könn­te. Nach aktu­el­len Bahn­be­rech­nun­gen bewegt sich der Schweif­stern auf einer um 106 Grad zur Eklip­tik geneig­ten Hyper­bel­bahn um die Son­ne und wird vor­aus­sicht­lich nicht mehr in das inne­re Son­nen­sys­tem zurückkehren.

Bahn des Kome­ten Gar­radd im Sonnensystem

Der Komet befin­det sich von Anfang April 2011 bis Anfang Juli 2012 nörd­lich der Eklip­tik und damit in Reich­wei­te für Beob­ach­ter auf der Nord­halb­ku­gel. Anfang Juni 2011 steht er im Grenz­ge­biet der Stern­bil­der Fische, Was­ser­mann und Pega­sus am Mor­gen­him­mel. Von Juli bis Okto­ber wird er mehr und mehr ein Objekt für den Abend­him­mel und bewegt sich durch den west­li­chen Teil des Pega­sus wei­ter durch die Stern­bil­der Del­phin und Pfeil. Im Stern­bild Her­ku­les wird der Komet schließ­lich sta­tio­när und steht dann für uns unsicht­bar in Kon­junk­ti­on zur Son­ne. Ab Mit­te Dezem­ber 2011 und vor allem zu Beginn des neu­en Jah­res, kön­nen wir ihn zunächst am Mor­gen­him­mel ent­de­cken, wenn er sich wei­ter durch den öst­li­chen Teil des Her­ku­les immer schnel­ler in Rich­tung Nor­den bewegt. Danach durch­läuft Gar­radd das Stern­bild Dra­che und steht am 5. März 2012 weit ober­halb der Eklip­tik im Stern­bild Klei­ner Bär in Erd­nä­he. Ab Mit­te März bis Anfang April erreicht er in der ers­ten Nacht­hälf­te eine maxi­ma­le Kul­mi­na­ti­ons­hö­he von etwa 80 Grad. Er ist dann im Stern­bild Gro­ßer Bär nahe­zu opti­mal zu beobachten!

Pro­gnos­ti­zier­te schein­ba­re Hel­lig­keit im Sichtbarkeitszeitraum

Sichtbarkeit

Ab Juni 2011 taucht der Komet als 10 mag hel­les Objekt am Mor­gen­him­mel auf und kann dann im Grenz­ge­biet der Stern­bil­der Was­ser­mann und Fische auf­ge­fun­den wer­den. Anfang Juli, wenn der Komet ins Stern­bild Pega­sus über­tritt, über­schrei­tet er wahr­schein­lich die 9. Grö­ßen­klas­se und läuft gegen Ende Juli nörd­lich an Epsi­lon Pega­si vorbei.
Ein ers­tes güns­ti­ges Beob­ach­tungs­fens­ter, beson­ders nach den hel­len Som­mer­näch­ten, erstreckt sich vom 28. Juli bis 9. August. Unge­fähr 1 Stun­de nach Mit­ter­nacht kann der Komet in einer Höhe von 40° bis 50° über dem Süd­ho­ri­zont beob­ach­tet wer­den. Die Hel­lig­keit soll­te Ende Juli auch die 8. Grö­ßen­klas­se über­schrei­ten und den Kome­ten gut in Fern­glä­sern sicht­bar wer­den las­sen. Im August beschleu­nigt er außer­dem sei­ne Bewe­gung gegen­über dem Ster­nen­him­mel und zieht durch die rei­chen Ster­nen­fel­der der Sommermilchstraße.
Vom 2. auf den 3. August zieht der Schweif­stern in 45′ nörd­li­chen Abstand am Kugel­stern­hau­fen M 15 im Pega­sus vor­bei. In der Nacht vom 8. auf den 9. August tritt er ins Stern­bild Del­phin über und steht in der Nacht des 10. August knapp 50′ süd­lich des Kugel­stern­hau­fens NGC 7006. Am 14. August kön­nen wir ihn dann nahe Gam­ma Del­phi­ni auf­spü­ren, der hier gut als Auf­such­hil­fe die­nen kann. Lei­der wird dann der abneh­men­de Mond die Beob­ach­tung nach­hal­tig stö­ren. Am Mor­gen des 23. August steht Gar­radd mit einer Ent­fer­nung von 1,39 bzw. 208 Mil­lio­nen Kilo­me­tern zum ers­ten Mal in Erdnähe.

Höhe und Azi­mut (180°) des Kome­ten um 1 Uhr MEZ / 2 Uhr MESZ

Das nächs­te Beob­ach­tungs­fens­ter ohne stö­ren­des Mond­licht reicht vom 23. August bis 2. Sep­tem­ber 2011. In die­ser Zeit zieht er mit­ten durch den Pfeil hin­durch und steht am 27. August nur 10′ süd­lich des Kugel­stern­hau­fens M 71. Am 30. August wech­selt der nun schon 7 mag hel­le Komet ins Stern­bild Füchs­chen. Ein wei­te­res High­light ist Pas­sa­ge des Klei­der­bü­gel­hau­fens Col­lin­der 399 vom 1. bis 5. Sep­tem­ber. Ab Mit­te Sep­tem­ber wech­selt C/2009 P1 Gar­radd für län­ge­re Zeit ins Stern­bild Her­ku­les und wird mehr und mehr ein Objekt für die 1. Nachthälfte.
Vom 24. Sep­tem­ber bis 6. Okto­ber sowie vom 23. Okto­ber bis 4. Novem­ber ist es aber­mals güns­tig, den Schweif­stern am Abend­him­mel zu beob­ach­ten. Auf­fäl­lig ist nun, dass Gar­radd sei­ne Bewe­gung im öst­li­chen Teil des Her­ku­les merk­lich abbremst und bis Mit­te Novem­ber fast zum Still­stand kommt. Durch sei­ne gerin­ge Elon­ga­ti­on zur Son­ne wird es immer schwie­ri­ger, ihn kurz nach Ein­bruch der Nacht zu beobachten.
Nach sei­nem Still­stand bewegt er sich zuerst lang­sam, danach immer schnel­ler wer­dend in Rich­tung Nor­den und ist dann am Mor­gen­him­mel sicht­bar. Am Nach­mit­tag des 23. Dezem­bers 2011 erreicht er mit 1,55 AE bzw. 232 Mio. Kilo­me­tern Abstand sei­ne Son­nen­nä­he (Peri­hel) und zieht am 28. Dezem­ber nur 11′ süd­lich an Lamb­da Her­cu­lis vor­bei. Zum Jah­res­wech­sel 2011/2012 wird er dann wahr­schein­lich die 6. Grö­ßen­klas­se über­schrei­ten. Am 25. Janu­ar 2012 begeg­net er Rho Her­cu­lis, in einem Abstand von nur 13′, wird ab Ende Janu­ar schließ­lich zir­kum­po­lar und kann dem­zu­fol­ge die gan­ze Nacht über beob­ach­tet werden.
Lei­der stört Anfang Febru­ar der hel­le Mond, wenn der Komet zwi­schen dem 3. und 4. Febru­ar nur eine Voll­mond­brei­te süd­lich am hel­len Kugel­stern­hau­fen M 92 vor­bei­zieht. Der Febru­ar ist schließ­lich auch die Zeit, wo für meh­re­re Mona­te die nächs­te güns­ti­ge Beob­ach­tungs­pe­ri­ode beginnt. Zunächst steht der Komet in der mond­schein­lo­sen Zeit zwi­schen dem 14. und 28. Febru­ar schon gegen Mit­ter­nacht rund 30° hoch im Nord­os­ten. In die­ser Zeit erreicht C/2009 P1 Gar­radd sei­ne größ­te Hel­lig­keit und kann unter einem sehr dunk­len Land­him­mel even­tu­ell sogar mit blo­ßem Auge auf­ge­fun­den wer­den. Außer­dem ver­lässt Gar­radd am 14. Febru­ar das Stern­bild Her­ku­les, zieht in den Dra­chen und beschleu­nigt aber­mals sei­ne Bewe­gung gegen­über den Sternen.

Höhe und Azi­mut (0°) des Kome­ten um 1 Uhr MEZ / 2 Uhr MESZ

Die Früh­lings­mo­na­te März und April sind für die Beob­ach­tung des Kome­ten opti­mal geeig­net. Gar­radd durch­läuft in die­ser Zeit die nörd­li­chen Stern­bil­der Dra­che, Klei­ner Bär, Gro­ßer Bär und Luchs und erreicht schon in der ers­ten Nacht­hälf­te Höhen von über 70°. Am Mor­gen des 5. März 2012 steht er mit 1,27 AE bzw. 189 Mio. Kilo­me­tern aber­mals in Erd­nä­he. Sei­ne Hel­lig­keit wird aber schnell wei­ter abneh­men und gegen Ende April die 8. Grö­ßen­klas­se unterschreiten.
Vom 29. Febru­ar bis 11. März fin­den wir den Kome­ten unter­halb des Wagen­kas­tens des Klei­nen Bären. Danach wan­dert er für 6 Tage wie­der­um durch den Dra­chen, bis er ab 17. März, nach­dem er dicht an Lamb­da Dra­co­nis vor­bei gezo­gen ist, durch den west­li­chen Teil des Stern­bilds Gro­ßer Bär zieht. Davor begeg­net er am 14. März noch der hüb­schen Gala­xie NGC 4236 im Dra­chen. Von Mit­te bis Ende März ist es aber­mals güns­tig, nach dem Kome­ten Aus­schau zu hal­ten. Nach­dem Gar­radd Anfang April die 7. Grö­ßen­klas­se unter­schrei­tet, wird er schnell schwä­cher und wech­selt am 16. April in den Luchs. Zwei Tage vor­her kön­nen wir ihn sehr leicht zwi­schen den bei­den hel­len Ster­nen Iota und Kap­pa Ursa Majo­ris ent­de­cken. Das güns­ti­ge Beob­ach­tungs­fens­ter reicht dann noch bis zum 28. April, bis sich der zuneh­men­de Mond wie­der stö­rend bemerk­bar macht.

In den Mona­ten Mai und Juni 2012 gibt der Komet sei­ne Abschieds­vor­stel­lung am Abend­him­mel. Ab 11. Mai wech­selt C/2009 P1 Gar­radd aber­mals das Stern­bild und zieht durch den öst­li­che Teil des Krebs. Ab Mit­te Mai und spä­tes­tens im Juni machen sich im Nor­den von Deutsch­land aber schon die hel­len Näch­te stö­rend bemerk­bar, so dass es durch die immer gerin­ger wer­den­de Hori­zont­hö­he und die wei­ter abneh­men­de Hel­lig­keit immer schwie­ri­ger wird, den Kome­ten über dem nord­west­li­chen Hori­zont zu ent­de­cken. Ab Mit­te Juni unter­schrei­tet Gar­radd schließ­lich die 10. Grö­ßen­klas­se und ver­schwin­det nun end­gül­tig außer Sicht.

Bahnelemente Komet C/2009 P1 Garradd
Peri­hel­da­tum T2011 Dezem­ber 23,6735
Peri­hel­ab­stand q1.550544
Exzen­tri­zi­tät e1.001011
Argu­ment des Peri­hels ω90.7457
Län­ge des auf­stei­gen­den Kno­tens Ω325.9971
Inkli­na­ti­on i106.1776
Hel­lig­keits­pa­ra­me­term1 = 4.0 + 5 log d + 10.0 log r

Beglei­tend zu die­sem Arti­kel gibt es ein Info­blatt zur Sicht­bar­keit von Komet C/2009 P1 Gar­radd, mit Eph­eme­ri­den, Infos und Auf­such­kar­ten als PDF-Datei. Eine tages­ak­tu­el­le Eph­eme­ri­de mit opti­ma­len Beob­ach­tungs­zei­ten für den Kome­ten gibt es hier.

Komet C/2009 P1 Gar­radd – Info­blatt (2,1 MiB, 4.384 hits)

Quel­len und wei­ter­füh­ren­de Links:

Die Gra­fi­ken wur­den mit SAW von André Wulff und Sky­Map Pro 10 erstellt.

Andreas

Andreas Schnabel war bis zum Ende der Astronomie-Zeitschrift "Abenteuer Astronomie" im Jahr 2018 als Kolumnist tätig und schrieb dort über die aktuell sichtbaren Kometen. Er ist Mitglied der "Vereinigung für Sternfreunde e.V.". Neben Astronomie, betreibt der Autor des Blogs auch Fotografie und zeigt diese Bilder u.a. auf Flickr.

2 Kommentare:

  1. Der vor eini­gen Wochen ent­deck­te Komet C/2011 L4 PANSTARRS soll im Früh­jahr 2013 eine gute Show am Him­mel ablie­fern. Eine kur­ze Zusam­men­fas­sung der Sicht­bar­keit der viel­ver­spre­chen­den Kome­ten (C/2009 P1 Gar­radd und C/2010 X1 Ele­nin) hat Dani­el Fischer unter Cosmos4u zusammengestellt.

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